Resilienz

„Resilienz liefert die innere Stärke, um Hindernisse zu überwinden und am Weg zu bleiben, auch wenn es schwierig wird. Dies entsteht nicht im luftleeren Raum. Es braucht dafür soziale Beziehungen, vielfältige Kompetenzen und eine materielle Grundsicherung – individuell und gesellschaftlich.“

Tom Adrian
Verein [um]bruch:stelle

Einleitung

Soziale Spannungen, demografischer Wandel, die Klimakrise und nicht zuletzt globale Unsicherheiten fordern Menschen wie auch das Sozialsystem in Wien auf allen Ebenen heraus. Besonders in der sozialen Stadt, in der solidarischer Zusammenhalt, fairer Zugang zu Ressourcen, verlässliche Versorgung, Selbstbestimmung und inklusive Teilhabe wichtige Werte sind, ist Resilienz zentral für eine zukunftsfähige Entwicklung. Resilienz bedeutet mehr als Widerstandskraft – sie meint die Fähigkeit, in Krisen handlungsfähig zu bleiben, sich anzupassen, dabei geteilten Werten treu zu bleiben und schließlich gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

Herausforderungen

Strukturelle Resilienz – ein starkes soziales Netz für alle

Ein widerstandsfähiges Sozialsystem muss mehr sein als ein Auffangnetz – es muss auch in Krisensituationen proaktiv gestalten, verlässlich vorsorgen, Teilhabe ermöglichen und dabei geteilten Werten treu bleiben. Wenn zentrale Versorgungsstrukturen wie Gesundheits- und Pflegeversorgung, Kinderbetreuung oder Unterstützungssysteme überlastet sind, leidet die Stabilität der gesamten Stadtgesellschaft. Strukturelle Resilienz erfordert verlässliche Finanzierung, funktionierende Schnittstellen zwischen den Sektoren sowie eine Kultur der Kooperation über Ressortgrenzen hinweg.

Organisationale Resilienz – Spielräume schaffen statt abbauen

Soziale Organisationen stehen unter wachsendem Effizienzdruck. Kürzere Projektlaufzeiten, Personalmangel und chronische Unterfinanzierung führen dazu, dass wichtige Puffer verloren gehen. Doch gerade in Krisenzeiten sind Zeit, Personalreserven und Flexibilität notwendig, um handlungsfähig zu bleiben. Organisationale Resilienz entsteht durch agile und lernende Strukturen, eine unterstützende Führungskultur und Kooperation statt Konkurrenz. Wenn Systeme ausfallen, braucht es die Kompetenz in Organisationen, schnell und kreativ alternative Lösungswege zu finden. Wenn übergeordnete Strukturen überlastet sind, müssen lokale Akteur_innen selbstorganisiert reagieren können. Es braucht Rahmenbedingungen, die soziale Organisationen als resiliente Partner der Stadtentwicklung stärken.

Individuelle Resilienz – soziale Verbundenheit als Ressource

Für Menschen in prekären Lebenslagen ist es oft schwer, psychische und soziale Widerstandskraft aufzubauen. Einsamkeit, Armut und chronische Überlastung – etwa bei Alleinerziehenden oder älteren Menschen – schwächen die innere Stabilität. Hier braucht es soziale Netzwerke, unterstützende Beziehungen und niedrigschwellige psychosoziale Angebote. Denn individuelle Resilienz entsteht dort, wo Menschen sich gesehen, gebraucht und eingebunden fühlen – ein Aspekt, der in der Sozialpolitik stärker berücksichtigt werden muss. Die Beziehungskontinuität ist hierbei der entscheidende Faktor bei jungen Menschen – und gerade diese ist oftmals u.a. durch mangelnde Ressourcen, eine hohe Mitarbeiter_innenfluktuation und Systembrüche nicht gewährleistet. Zahlreiche Angebote und Projekte sowie eine verbesserte Zusammenarbeit können nachweislich die Erfahrung verlässlicher Beziehung nicht ersetzen, trotzdem ist die Bearbeitung des Grundproblems weiter ausständig.

Wichtigste Hebel

Rahmenbedingungen für organisationale Resilienz stärken

Ein nachhaltiger Lösungsansatz liegt in der Schaffung verlässlicher, langfristiger Finanzierungsmodelle, die soziale Organisationen nicht nur für Effizienz, sondern für Resilienz belohnen. Ergänzend braucht es politische Anreize für Kooperation, den Ausbau von Lern- und Reflexionsräumen sowie flexible Förderlogiken. So können Organisationen Puffer aufbauen, Fachkräfte halten und im Krisenfall schnell, kreativ und wirksam handeln.

Ganzheitlich denken – Resilienz als Querschnittsthema

Resilienz betrifft nicht nur einzelne Personen, sondern ganze Systeme. Eine resiliente Sozialwirtschaft denkt ganzheitlich: Sie berücksichtigt körperliche, psychische, soziale und ökologische Dimensionen von Wohlbefinden. In einer Post-Wachstums-Gesellschaft wird innere Stärke zur Zukunftsressource – getragen von einem unterstützenden, gerechten Gemeinwesen.

Kooperation statt Konkurrenz

Die Wiener Sozialwirtschaft setzt gezielt auf kooperative Strukturen, um die Resilienz der Stadtgesellschaft zu stärken. Konkurrenz schwächt gemeinschaftliche Handlungsfähigkeit und fragmentiert Ressourcen. Wo hingegen Netzwerke gepflegt und Synergien genutzt werden, entstehen belastbare Beziehungen und geteilte Verantwortung – Grundlagen für solidarisches Krisenhandeln und eine nachhaltige Entwicklung.

Bindungskontinuitäten schaffen – besonders in Übergangsphasen

Ein zentraler Resilienzfaktor ist die Verlässlichkeit menschlicher Beziehungen. In sensiblen Übergangsphasen – etwa beim Übergang junger Menschen von der Jugendhilfe ins Erwachsenenleben – braucht es Begleitung, die nicht abrupt endet, sondern Perspektiven und Sicherheit bietet. Kontinuität in der Unterstützung fördert Selbstwirksamkeit und schützt vor Vereinzelung, Isolation und den zahlreichen möglichen Folgen.

Begegnungsorte als resiliente Mikrostrukturen

Nachbarschaftszentren und niederschwellige Begegnungsorte können mehr sein als Versorgungsangebote – sie sind soziale Ankerorte. Hier entstehen Gemeinschaft, Vertrauen und gegenseitige Unterstützung. Als niedrigschwellige Orte der Begegnung tragen sie maßgeblich zur psychosozialen Stabilität bei und machen soziale Inklusion im Alltag erfahrbar. Ihre Förderung ist eine Investition in die Resilienz der Stadtteile.

Resilienzbildung beginnt im Kindesalter

Individuelle Resilienz ist erlernbar – am besten früh. Bildungseinrichtungen von der Elementarpädagogik bis zur Schule sollten Kinder und Jugendliche nicht nur fachlich, sondern auch emotional und sozial stärken. Wer früh erlebt, dass Krisen kein Grund zur Scham sind, dass Herausforderungen bewältigbar sind und Unterstützung normal ist, entwickelt Vertrauen in sich selbst, in andere und gesellschaftliche Strukturen.

Stigmatisierung abbauen – Hilfe suchen als Stärke begreifen

Noch immer wird Hilfe zu suchen häufig mit Schwäche assoziiert. Doch genau diese Haltung schwächt kollektive Resilienz. Eine resiliente Gesellschaft erkennt die Bedeutung von psychischer Gesundheit, ermöglicht niederschwellige Zugänge und vermittelt: Unterstützung zu nutzen ist Ausdruck von Selbstverantwortung und Stärke – nicht von Versagen.

Sinn, Verstehen, Handeln – die drei Säulen der Resilienz

Ein Modell der Resilienzforschung nennt Sinnhaftigkeit, Verstehbarkeit und Bewältigbarkeit als Grundbedingungen für ein gesundes Leben. Diese sollten Leitlinien sozialer Unterstützung sein: Menschen brauchen Orientierung, nachvollziehbare Zusammenhänge und konkrete Handlungsmöglichkeiten, um mit Herausforderungen umzugehen – individuell wie kollektiv.

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