Demografie

„Wir jammern die Branche Pflege zu Tode, doch angesichts des demografischen Wandels braucht es ein neues Narrativ: der Pflegeberuf ist sinnstiftend, krisenfest und zentral für die Zukunft der sozialen Stadt.“ - neue Glaubenssätze für die Herausforderungen durch den demografischen Wandel

Christian Hennefeind
Geschäftsführer der Häuser zum Leben

Herausforderungen

Demografischer Wandel

Wien erlebt ein demografisches Comeback: Seit den 1990er-Jahren ist die Bundeshauptstadt um knapp 500.000 Einwohner_innen gewachsen – das entspricht in etwa der Bevölkerung von Graz und Linz zusammen. 2023 wurde - erstmals seit 1910 – wieder die symbolische Marke von 2 Millionen Einwohner_innen überschritten. In den kommenden drei Jahrzehnten erwartet die Stadt laut der neuen Bevölkerungsprognose ein moderates Wachstum. Die Demografie stellt uns vor große Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf soziale Stadtentwicklung und Infrastruktur.

Austritt der Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt

Eine der zentralen Herausforderungen des aktuellen Arbeitsmarktes ist der Verlust der Babyboomer-Generation. Diese Arbeitnehmer_innen verlassen zunehmend den Arbeitsmarkt. Gleichzeitig rücken geburtenschwache Jahrgänge nach, die die freigewordenen Stellen nicht in ausreichendem Maße besetzen können. Dadurch entsteht aktuell ein Fachkräftemangel. Um diese Lücke zu schließen, müssen gezielte Maßnahmen zur Integration und Qualifizierung jüngerer Generationen sowie zur Anwerbung und Bindung internationaler Arbeitskräfte ergriffen werden. Hier sind neue Ansätze in der Arbeitsmarktpolitik gefragt.

Migration als Chance und Herausforderung

In den letzten Jahrzehnten kamen viele Menschen aus verschiedenen Ländern nach Wien, oftmals als Folge globaler Krisen. Migrant_innen bringen vielfältige kulturelle Perspektiven und könnten ihre Arbeitskraft im Wiener Arbeitsmarkt einbringen. Jedoch verfügen Teile nicht über notwendige Ausbildungen oder ihre Bildungsabschlüsse und Qualifikationen werden in Österreich nicht – oder nur mit hohen bürokratischen Hürden – anerkannt. Um diese Herausforderungen zu meistern, ist es notwendig, bessere Integrationsangebote zu schaffen, die nicht nur Arbeitsmarktintegration, sondern auch Aus- und Weiterbildung sowie sozialen Aufstieg ermöglichen.

Bildungs- und Qualifizierungsbedarf

Viele Menschen im arbeitsfähigen Alter fühlen sich oft nicht ausreichend mit dem Arbeitsmarkt oder den Arbeitsmöglichkeiten in ihrem Umfeld verbunden. Dies kann zu einer generellen Demotivation führen und erschwert die Integration in den Arbeitsmarkt. Um die Herausforderungen zu meistern, ist eine intensivere Förderung von Bildung und beruflicher Weiterqualifizierung sowie Durchlässigkeit im System zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung notwendig. Es braucht umfassende Bildungsinitiativen, die nicht nur auf Fachwissen, sondern auch auf persönliche, soziale und kulturelle Entwicklung setzen. Auch Menschen mit Behinderungen sind überproportional oft von der Arbeitswelt ausgeschlossen, dies liegt an der fehlenden Unterstützung bei der Arbeitsmarktintegration. Hier entsprechende Schritte zu setzen ist wichtig um auch das Potential aller in Wien lebenden Menschen für den Arbeitsmarkt zu nutzen

Durchlässigkeit der sozialen Systeme für eine bessere Integration

Ein weiterer wichtiger Punkt zur Bewältigung der demografischen und sozialen Herausforderungen ist die Schaffung durchlässiger sozialer Systeme. Nur wenn Menschen unabhängig von Herkunft und sozialen Hintergründen Zugang zu Bildung und beruflicher Entwicklung haben, können sie ihr volles Potenzial entfalten. Der Abbau von Barrieren und die Schaffung von Möglichkeiten für alle Stadtbewohner_innen sind entscheidend, um langfristige Lösungen zu finden, die nicht nur den Arbeitsmarkt stabilisieren, sondern auch die soziale Kohäsion fördern.

Wichtigste Hebel

Bildung und Qualifizierung als Schlüssel zur Integration

Um die Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt zu meistern, ist der Ausbau von Bildung und Qualifizierung von zentraler Bedeutung. Besonders für Migrant_innen und junge Menschen ist es entscheidend, ihre Potenziale besser zu nutzen. Die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen, etwa durch die Nostrifikation, ermöglicht es, berufliche Qualifikationen zu integrieren und wertvolle Fachkräfte zu gewinnen. Dies fördert nicht nur die Arbeitsmarktfähigkeit, sondern stärkt auch die soziale Integration und den wirtschaftlichen Beitrag der Arbeitskräfte.

Dialog mit der jüngeren Generation für den erfolgreichen Generationenwechsel

Es ist essenziell, die Bedürfnisse und Perspektiven der jüngeren Generation zu verstehen und einen kontinuierlichen Dialog mit ihr zu fördern. Dies stärkt die Zusammenarbeit zwischen den Generationen und erleichtert den Einstieg in den Arbeitsmarkt. Durch die Schaffung von Plattformen für den Austausch und die Beteiligung junger Menschen können Barrieren überwunden und die zukünftige Arbeitswelt mitgestaltet werden. Ein offener Dialog unterstützt zudem die Akzeptanz und das Verständnis für die Herausforderungen, mit denen jüngere Generationen konfrontiert sind.

Abbau von Zugangsbarrieren für Migrant_innen

Der Abbau von Zugangsbarrieren, insbesondere sprachlicher Hürden, ist entscheidend, um Geflüchteten und Migrant_innen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Integrations- und Sprachprogramme müssen stärker gefördert und an die spezifischen Bedürfnisse der Menschen angepasst werden. Dies schafft nicht nur berufliche Perspektiven, sondern stärkt auch die soziale Kohäsion und trägt zur Reduktion von Diskriminierung und Isolation bei. Ein leichterer Zugang zum Arbeitsmarkt für Geflüchtete und Migrant_innen fördert langfristig die Stabilität und das Wachstum der Stadtgesellschaft.

Zukunftsfähige Lösungen für die Flüchtlingshilfe

Die Flüchtlingshilfe erfordert spezifische Initiativen, da viele Geflüchtete keinen Pensionsanspruch haben und somit auf eine langfristige Perspektive angewiesen sind. Es müssen maßgeschneiderte Programme entwickelt werden, die den Zugang zu Arbeit, Bildung und sozialer Sicherheit fördern. Dies könnte durch gezielte Integrationsmaßnahmen, Sprachkurse und berufliche Weiterbildungsangebote erreicht werden, wodurch die gesellschaftliche Vielfalt und das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt wird.

Förderung älterer Arbeitnehmer_innen und ihrer Expertise

Eine weitere Lösung liegt in der Unterstützung älterer Arbeitnehmer_innen, die nach ihrer Pensionierung weiterhin ein zusätzliches Einkommen erzielen möchten. Dazu braucht es sowohl in den Unternehmen als auch von staatlicher Seite entsprechende Rahmenbedingungen. Dies würde nicht nur zur Stabilisierung der Arbeitsmärkte beitragen, sondern auch die gesellschaftliche Teilhabe und den Austausch zwischen Generationen fördern.

Digitalisierung und KI als unterstützende Instrumente

Die Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) können eine wichtige Rolle bei der Bewältigung des Fachkräftemangels spielen. Sie sollten jedoch nicht den menschlichen Faktor ersetzen, sondern als ergänzende Unterstützung eingesetzt werden. Der Fokus muss weiterhin auf der Qualifikation und Förderung von Menschen liegen, um die Technologie sinnvoll in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Durch eine ausgewogene Kombination von Technologie und Menschlichkeit lassen sich effizientere Arbeitsprozesse und ein zukunftsfähiger Arbeitsmarkt schaffen.

Ehrenamtliche Tätigkeiten als Schlüssel zur Integration von Pensionist_innen

Ehrenamtliche Tätigkeiten bieten eine wertvolle Möglichkeit, das Potenzial von Pensionist_innen zu nutzen und ihre soziale Teilhabe zu fördern. Diese Tätigkeiten könnten als geringfügige Beschäftigung organisiert werden, sodass ältere Menschen ihr Wissen und ihre Erfahrung weiterhin einbringen können. Die Schaffung von flexiblen Arbeitsmodellen und die Förderung von Ehrenamtlichkeit stärkt die Gemeinschaft und fördert gleichzeitig die persönliche Erfüllung der älteren Generation.

Optimierung von Berufsbildern und Skill-Grad-Mix

Um die besten Talente zu fördern und die Arbeitsmarktfähigkeit zu steigern, ist es notwendig, die Berufsbilder klarer zu definieren und den Skill-Grad-Mix zu optimieren. Durch gezielte Weiterbildung und Talentförderung können Führungskräfte und Teams besser auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet werden. Hierbei können auch die bestehenden Leistungen des FSW als Unterstützung genutzt werden, um zukunftsorientierte Ansätze zu implementieren und eine nachhaltige Arbeitsmarktentwicklung zu ermöglichen.

Best Practices im Pflege- und Betreuungsbereich

Im Bereich der Pflege und Betreuung existieren bereits erfolgreiche Beispiele, die als Vorbilder für die Arbeitsmarktintegration dienen können. Diese „Good-Practice“-Beispiele zeigen, wie durch die Kombination von Fachkräftegewinnung, gezielter Qualifizierung und der Förderung von ehrenamtlichen Tätigkeiten Lösungen geschaffen werden können, die sowohl den Menschen als auch der Gesellschaft zugutekommen. Die Pflegebranche kann als Modell für andere Sektoren dienen, in denen ähnliche Herausforderungen bestehen.

Aktuelle DWS-Projekte

GeKo Pass und Mappe

Die Abkürzung „GeKo“ steht für Gesundheit und Kommunikation. Der GeKo-Wien Pass und die GeKo-Wien Mappe sind Hilfsmittel, in denen strukturiert und prägnant Informationen zur Person, zu ihren Kompetenzen, Bedürfnissen, Verhaltensweisen und zu ihrer Kommunikation sowie wichtige …

Unser Arbeitsprogramm 2025

Vorstellung durch unser Team: Herzlich willkommen zu unserem aktuellen Arbeitsprogramm. Öffnen Sie die folgende Grafik und erhalten Sie zu jedem Thema einen kurzen Einblick von unseren Expert_innen im Dachverband. Einfach auf den jeweiligen Arbeitsbereich klicken, …

Unser Arbeitsprogramm 2024

Vorstellung durch unser Team: Herzlich willkommen zu unserem aktuellen Arbeitsprogramm. Öffnen Sie die folgende Grafik und erhalten Sie zu jedem Thema einen kurzen Einblick von unseren Expert_innen im Dachverband. Einfach auf den jeweiligen Arbeitsbereich klicken, …